Olang (ck) - Es mag verwundern, dass für eine Athletin, die alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt und die bereits alle Rekorde gebrochen hat, der Europameistertitel Anlass zu einem von Ekatharina Lavrentjeva ungewohnten Emotionsausbruch gibt. Doch bei den kontinentalen Meisterschaften hatte die Russin bisher mit einer Gold- und einer Silbermedaille eine für sie nicht zufrieden stellende Bilanz. „Dieser Sieg bedeutet mir deswegen so viel, weil ich bisher mehr Medaillen bei Welt- als bei Europameisterschaften hatte“, sagte die dreifache Welt- und nunmehr zweifache Europameisterin. Auf der Bahn, auf der sie sich immer schon sehr wohl fühlte, erzielte sie in den ersten beiden Läufen Bestzeit, lediglich im dritten Durchgang, in dem Lavrentjeva nichts mehr riskieren wollte, war Renate Kasslatter (ITA) schneller als die Russin. Für Kasslatter bedeutete dies die Silbermedaille. Vor ihrem sensationellen letzten Lauf war sie noch auf dem dritten Rang hinter Teamkollegin Renate Gietl gelegen. „Für mich war das Ziel eine Medaille und auch der dritte Platz wäre wie ein Sieg gewesen, dass ich jetzt Vize-Europameisterin bin macht mich mehr als glücklich“, strahlte die Südtirolerin, die bei Meisterschaften und vor zahlreichem Publikum stets zu ihrer Topform findet. „Ich glaube, ich brauche den Druck, ich kann dann immer noch ein bisschen was zulegen“. Kasslatters Rezept für den alles entscheidenden dritten Lauf war „schön und schnell fahren. Die Bahn war heute etwas langsamer als gestern, da bleibt in den Kurven ein bisschen mehr Zeit, um sich auf eine präzise Technik zu konzentrieren.“
Die Bronzemedaille ging schlussendlich wie bereits vor zwei Jahren an Renate Gietl, die sich auch heuer nicht mit Olang anfreunden konnte: „Mit dieser Bahn stehe ich schon lange auf Kriegsfuss, die erste Kurve habe ich bis zum Schluss nicht in den Griff bekommen. Ich hätte oben schneller sein müssen und hatte in allen drei Läufen Fehler, so gesehen muss ich zufrieden sein, dass es für eine Medaille gereicht hat.“

Ein spannendes Finale mit einem für Österreich versöhnlichen Ausgang gab es im Herrenbewerb. Nicht Seriensieger Patrick Pigneter (ITA) stand ganz oben auf dem Siegerpodest, sondern der Weltmeister von 2003, Robert Batkowski (AUT). „Mir ist heute früh ein Bombenlauf gelungen und dann konnte ich im Finale mit noch einem guten Lauf nachsetzen, das ist schon eine große Genugtuung jetzt, denn ich weiß, dass mich viele schon abgeschrieben hatten.“ Der Tiroler war nach drei sieglosen Jahren in Umhausen beim Weltcup vor drei Wochen erstmals wieder auf dem Podium gestanden. „Ich hatte lange Zeit Probleme mit dem Material, aber ich wusste immer, wenn ich das richtige Gerät unter mir habe, kann ich schnell sein und bin wieder mit dabei.“

Den zweiten Platz belegte mit Anton Blasbichler (ITA) ebenfalls ein Routinier. 1993 und 1999 war er bereits Europameister, ließ heuer zu Saisonbeginn im Weltcup bereits aufhorchen und demonstrierte heute einmal mehr seine Klasse. „Ich habe nach dem zweiten Platz im Weltcup viel am Material herumprobiert und wurde dabei immer langsamer statt schneller, aber jetzt passt es wieder und es ist ein schönes Gefühl, wieder mithalten zu können.“ Für die Europameisterschaft ließ er sich noch Teile für sein Renngerät speziell anfertigen: „Es gibt ein paar Kleinigkeiten, die müssen genau der Körpergröße entsprechend individuell angefertigt werden und da war ich vor dem Wochenende hier noch am Basteln, weil mein Schlitten kaputt war.“ Im zweiten Lauf erzielte der Südtiroler lediglich die fünftbeste Zeit und Anton Blasbichler – der älteste Teilnehmer im Starterfeld - ist sich dessen bewusst, dass ohne diesen Schnitzer für ihn auch der Sieg greifbar gewesen wäre. Aber er nimmt es mit Humor: „Es war so kalt in der Früh, da habe ich mich ein bisschen bei der Abstimmung vergriffen. Es heißt ja nicht umsonst, dass man nie auslernt.“
Mit der Bronzemedaille begnügen musste sich Patrick Pigneter, der nach dem zweiten Lauf noch in Führung gelegen hatte. „Ich weiß eigentlich nicht, was das Problem im dritten Lauf war. Ich habe keinen großen Fehler gemacht, ich war einfach zu langsam. Ich wollte zu viel. Es hätte wahrscheinlich gereicht, ganz normal zu fahren.“

Ergebnisse:

Women (15):

1. Ekatharina LAVRENTJEVA (RUS),1:10,02(1), 1:10,33(1), 1:10,66(2), 3:31,01
2. Renate KASSLATTER (ITA), 1:10,93(3), 1:11,07(3), 1:10,46(1), 3:32,46
3. Renate GIETL (ITA), 1:10,85(2), 1.10,64(2), 1:11,16(3), 3:32,65
4. Melanie BATKOWSKI (AUT), 1:10,95(5), 1:11,39(4), 1:11,18(4), 3:33,52
5. Julia VETLOVA (RUS), 1:10,94(4), 1:11,88(6), 1:11,45(5), 3:34,27
6. Evelyn LANTHALER (ITA), 1:11,80(6), 1:11,41(5), 1:12,19(8), 3:35,40
7. Marlies WAGNER (AUT), 1:12,01(7), 1:12,42(8), 1:11,82(6), 3:36,25
8. Melanie SCHWARZ (ITA), 1:12,38(9), 1:12,35(7), 1:12,81(9), 3:37,54
9. Tina UNTERBERGER (AUT), 1:12,22(8), 1:13,27(9), 1:12,11(7), 3:37,60
10. Michaela MAURER(GER), 1:13,74(12), 1:14,69(12), 1:13,23(10), 3:41,66

Men (35):
1. Robert BATKOWSKI (AUT), 1:09,77(3), 1:09,14(1), 1:09,25(2), 3:28,16
2. Anton BLASBICHLER (ITA), 1:09,51(2), 1:09,85(5), 1:08,98(1), 3:28,34
3. Patrick PIGNETER (ITA), 1:09,44(1), 1:09,35(2), 1:10,39(8), 3:29,18
4. Michael SCHEIKL (AUT), 1:10,41(10), 1:09,41(3), 1:09,82(3), 3:29,64
5. Rudi RESCH (ITA), 1:09,96(6), 1:10,24(7), 1:10,00(4), 3:30,20
6. Hannes CLARA (ITA), 1:09,88(4), 1:09,98(6), 1:10,49(10), 3:30,35
7. Florian BREITENBERGER (ITA), 1:10,70(13), 1:09,68(4), 1:10,00(4), 3:30,38
8. Gerald KAMMERLANDER (AUT), 1.10,27(8), 1:10,32(11), 1:10,44(9), 3:31,03
9. Florian BATKOWSKI (AUT), 1:10,48(11), 1:10,28(9), 1:10,36(7), 3:31,12
10. Gernot SCHWAB (AUT), 1:10,09(7), 1:10,29(10), 1:10,78(13), 3:31,16
11. Christian SCHWARZ (ITA), 3:31,56
12. Damian WANICZEK (POL), 3:32,14
13. Georg MAURER (GER), 3:32,35


Chris Karl
FIL Media Service