In Umhausen Anfang Jänner zum ersten Mal im Weltcup dabei, dort auf Anhieb Zweite, versprachen die steirischen Junioren Wolfgang und Andreas Schopf einiges für die Zukunft. „Wir wollen die ganze Weltcupsaison durchfahren und bei der WM dabei sein“, lauteten damals noch die Ziele der beiden. Keine drei Wochen später standen sie ganz oben am Siegespodest, als Weltmeister der allgemeinen Klasse, 16 und 17 Jahre alt.
Nach dem ersten Lauf lagen die noch regierenden Weltmeister Armin und David Mair (ITA) komfortable neun Zehntel Sekunden vor den Österreichern in Führung. Mit einem Sensationslauf verwandelten die Cousins den Rückstand in einen fünf Zehntel Vorsprung. „Wir hätten nie daran gedacht, diesen Vorsprung noch aufzuholen. Wir wollten einen guten Lauf ins Ziel bringen und den zweiten Platz halten,“ erzählt Andreas, der jüngere der beiden - immer noch fassungslos. „Auch während dem Lauf habe ich nie realisiert, wie schnell wir wirklich sind und dass es für den Sieg reichen könnte.“ Als faire Geschlagene zollten auch Armin und David Mair den Überraschungssiegern Respekt: „Wer so einen Lauf hinlegt, hat den Weltmeistertitel auf jeden Fall verdient.“ Der Neun-Zehntel-Vorsprung erwies sich für die Brüder aus Südtirol mehr als Nachteil denn als Vorteil. „Das ist so viel, dass man nicht weiß, ob man noch voll attackieren soll oder lieber mit einem Sicherheitslauf den Vorsprung ins Ziel retten“.
Im Damenbewerb müsste das Verfolgertrio hinter Sonja Steinacher (ITA) mit einem ähnlichen Teufelsritt aufwarten, um die Briefträgerin aus Südtirol noch von der Spitze zu drängen. Renate Gietl, die bereits im Mannschaftsbewerb mit einer Bestzeit aufhorchen ließ, liegt – ebenfalls – neun Zehntel zurück, die beiden Österreicherinnen Sabine Kogler und Sandra Mariner (die allerdings immer noch von einer Verkühlung beeinträchtigt ist) bereits 1,10 bzw. 1,24 Sekunden.
Eine klare Sache für Ferdinand Hirzegger schien der Herren Einsitzer Bewerb zu sein: Lokalmatador, Vorjahressieger, Weltcupführender, Inhaber aller Rekorde auf seiner Heimstrecke in Stein/Enns. Allen Anwesenden, ganz besonders den zahlreichen Angehörigen des Hirzegger-Fanclubs stockte der Atem als der Favorit imersten Lauf lediglich die viertbeste Zeit erzielte. War der Druck doch zu groß gewesen? Keineswegs, mit einer neuen Rekordzeit im zweiten Lauf setzte sich der 24 Jährige gelernte Installateur wieder an die Spitze. „Im ersten Lauf hatte ich andere Schienen am Schlitten, aber das soll keine Ausrede sein. Ich habe ich mich verbremst und habe zwei Mal die Bande touchiert. Für den zweiten Lauf habe ich andere Schienen verwendet. – Und die lasse ich bis morgen drauf.“ Sagt er, grinst, dreht sich um und verlässt die Szene. Denn er wohnt nicht im Mannschaftsquartier, sondern daheim, wo er sich optimal auf den morgigen, alles entscheidenden Finallauf einstellen kann.
Endstand Doppelsitzer Herren:
1. Wolfgang SCHOPF/Andreas SCHOPF (AUT), 1:23.15 (2), 1:21.82 (1), 2:44.97
2. Armin MAIR/David MAIR (ITA), 1:22.22 (1), 1:23.19 (4), 2:45.41
3. Peter LECHNER/Peter BRAUNEGGER (AUT), 1:23.57 (3), 1:22.70 (2), 2:46.27
4. Andrzej LASZCZAK/Damian WANICZEK (POL), 1:24.10 (4), 1:23.14 (3), 2:47.24
5. Eddy PERRIN/Emanuele GIANELLI (ITA), 1:24.91 (6), 1:23.45 (5), 2:48.36
6. Thomas GRAF/Michael GRAF (ITA), 1:24.39 (5), 1:24.14 (6), 2:48.53
Beide Einzeltitel an Italien
Die Szenen im Zielraum demonstrierten ein weiteres Mal eindrücklich, wie wenig im Sport Freund und Leid trennt: genau 19 Hunderstel Sekunden in diesem Fall. Während der frischgebackenen Weltmeister Anton Blasbichler (ITA) von seinen Fans auf Schultern getragen und umstürmt wurde, stand Ferdinand Hirzegger, dem großen Geschlagen des heutigen Tages die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Sechs Zehntel Vorsprung hatte er gehabt vor dem heutigen Finallauf, bei der ersten Zwischenzeit bereits Rückstand auf die Laufbestzeit, bis zur dritten Zwischenzeit war der Vorsprung dahin.
„Ich habe den ganzen Lauf ein bisschen verbremst. So einfach ist es nicht, daheim zu gewinnen,“ musste der Lokalmatador feststellen. „Aber mittlerweile überwiegt die Freude über den Vizeweltmeistertitel. Aber am Anfang war ich schon enttäuscht.“ Und fügt an: „Aber mit Anton Blasbichler hat ein ganz Großer des Rodelsports gewonnen. Einer, der diesem Titel schon lange hinterherfährt und ihn schon längst verdient hätte.“ Dieser Meinung waren auch Blasbichlers Fans, die binnen Minuten die T-Shirts mit der Aufschrift „Toni Blasbichler - Weltmeister 2000/01“ ausgepackt hatten. Das 01 angefügt für einen neuerlichen Versuch.
Seine achte WM-Medaille sicherte sich Gerhard Pilz, der zu den fünf Goldenen, der Silbernen aus dem Vorjahr an einem Wochenende nun eine weitere Silberne (Mannschaftsbewerb) und die erste Bronzemedaille hinzufügte. „Immerhin ist das die erste Weltmeisterschaft, von der ich mit zwei Medaillen heimfahre.“
Bei den Damen sicherte sich die nach zwei Läufen überlegende Führende, Sonja Steinacher (ITA) ihren ersten WM-Titel. „Vor dem dritten Lauf war ich schon ein bisschen nervös. Ein Fehler ist schnell gemacht und neun Zehntel Vorsprung dahin, überhaupt auf einer so schwierigen Strecke. Da muss man voll angreifen, Sicherheitsläufe gibt es hier nicht.“ Überglücklich war auch ihre Teamkollegin Renate Gietl (19), die Überraschungssiegerin aus dem Mannschaftsbewerb. Sie konnte ihre Leistung in allen Läufen konstant halten und belegte in ihrer ersten WM den zweiten Rang. “Ich glaube es ja selbst noch nicht. Ich war ja nicht einmal fix in der Mannschaft, aber ich habe mich von Anfang an auf dieser Bahn wohlgefühlt.“ Den dritten Platz belegte Sandra Mariner (AUT), die ja ihre Karriere eigentlich schon beendet hatte, und lediglich „einsprang“ um die verletze Elvira Holzknecht (die unter den Zuschauern weilte und ihren Knöchelbruch ausheilt „Mir geht es von Tag zu Tag besser“) als Zugpferd in dem jungen österreichischen Team zu ersetzen. „Das Comeback war schon gut, jetzt habe ich sogar noch eine WM-Medaille. Aber nach dieser Saison ist endgültig Schluß.“
Ihre Chancen auf eine Medaille vergab Sabine Kogler, nach zwei Läufen auf Rang drei, im Zieleinlauf. Sie berührte die Bande und kam folglich wenige Meter vor dem Ziel zu Sturz. Was im ersten Augenblick böse aussah endete aber nach einer ersten Diagnose nur mit Prellungen.
Endstand Herren Einsitzer:
1. Anton BLASBICHLER (ITA), 1:16.31 (5), 1:15.62 (2), 1:15.61 (1), 3:47.54
2. Ferdinand HIRZEGGER (AUT), 1:16.28 (4), 1:15.10 (1), 1:16.35 (3), 3:47.73
3. Gerhard PILZ (AUT), 1:16.14 (2), 1:15.93 (3), 1:16.37 (4), 3:48.44
4. Martin GRUBER (ITA), 1:15.81 (1), 1:16.24 (4), 1:17.03 (7), 3:49.08
5. Martin PSENNER (ITA), 1:16.94 (8), 1:16.42 (5), 1:16.39 (5), 3:49.75
6. Florian BREITENBERGER (ITA), 1:16.25 (3), 1:16.55 (6), 1:17.22 (9), 3:50.02
7. Gerald KALLAN (AUT), 1:16.65 (6), 1:17.30 (12), 1:16.32 (2), 3:50.27
8. Roland KALLAN (AUT), 1:16.78 (7), 1:17.44 (13), 1:17.34 (10), 3:51.56
Endstand Damen Einsitzer:
1. Sonja STEINACHER (ITA), 1:18.49 (1), 1:18.40 (1), 1:19.23 (4), 3:56.12
2. Renate GIETL (ITA), 1:18.63 (2), 1:19.22 (3), 1:19.01 (3), 3:56.86
3. Sandra MARINER (AUT), 1:18.86 (4), 1:19.27 (4), 1:19.25 (5), 3:57.38
4. Sandra LANTHALER (ITA), 1:19.40 (6), 1:19.30 (6), 1:18.89 (2), 3:57.59
5. Ljubov PANJUTINA (RUS), 1:19.43 (7), 1:19.89 (7), 1:18.70 (1), 3:58.02
6. Sabine KOGLER (AUT), 1:18.83