„Bahn in Cortina gefällt mir total“ Weltmeister Max Langenhan im Interview

Max Langenhan, Weltmeister, Whistler 2025

Cortina d’Ampezzo (FIL/25.11.2025) Weltmeister Max Langenhan schwärmt nach seinen ersten Fahrten auf der neuen Pista Olimpica Eugenio Monti vom Flair in Cortina d’Ampezzo. Natürlich zählt der Deutsche als zweimaliger Gesamtweltcupsieger zu den Favoriten. Aber der amtierende Weltmeister verspricht auch viel Spannung bei den olympischen Entscheidungen.  

Hallo Herr Langenhan, Sie sind Ende März bei der Pro-Homologierung und im Oktober anlässlich der Internationalen Trainingswoche wieder im Eiskanal von Cortina d’Ampezzo gefahren.

Wie liegt Ihnen die neue Bahn?

Max Langenhan: „Ob die Bahn mir liegt, kann man noch nicht definitiv sagen. Auf alle Fälle gefällt sie mir total. Die ganze Szenerie mit den Bergen drumherum, wird allen gefallen. Cortina hat so viel Historie, nicht nur mit dem Skifahren, sondern auch mit dem Bobfahren und Rodeln. Jetzt eine neue Bahn zu haben, ist schon schön.“

Olympiabahn Cortina Rodel Luge

Ist die Bahn herausfordernd?

Max Langenhan: Was wir bislang gesehen haben, verspricht viel Spannung, weil es sehr eng werden wird. Jeder Fehler wird bestraft.

Ähnelt die Bahn vom Charakter einer bereits bestehenden?

Max Langenhan: „Jede Bahn hat ihren eigenen Charakter. Natürlich findet man die ein oder andere Passage, die einem Abschnitt auf einer anderen Bahn ähnelt. Ich find’s total cool, dass sie einen Teil der alten Kurven übernommen habe. Dadurch hat die Bahn ihren eigenen Charakter. Und es hat seinen eigenen Flair, wenn die Kurven nicht durchgezählt werden, sondern ihren eigenen Namen haben.“

Wie heißen die Schlüsselstellen?

Max Langenhan: „Die Schlüsselstellen sind unten die großen Kurven, die Curva Antelao und die Curva Cristallo. Auch das Labyrinth 1, 2 und 3 wird wegweisend sein. Wenn man da nicht gut durchtrifft, kann man keine gute Zeit schaffen.“

Aufholjagd Max Langenhan, Altenberg WC 2024

Mit welchen Konkurrenten rechnen Sie?

Max Langenhan: „Es ist kein neuer Kandidat dazugekommen. Damit bleibt es bei den üblichen Verdächtigen. Ganz oben auf der Rechnung habe ich meinen Teamkollegen Felix Loch, aber auch mit den Österreichern Jonas Müller und Nico Gleirscher ist zu rechnen. Zu denen, die um den Titel oder die Medaillen mitfahren, gehören auch der Italiener Dominik Fischnaller und der Lette Kristers Aparjode.“

In den vergangenen beiden Wintern haben Sie jeweils den Gesamtweltcup gewonnen, sind deswegen der Gejagte. Wie liegt Ihnen diese Rolle?

Max Langenhan: „Für mich ist das gar keine so drückende Last. Mich hat mehr gestört, dass ich in der letzten Saison keine so gute Performance in den Wettkämpfen hatte, oftmals Fehler in den Rennen gemacht habe. Das ist etwas, was mir in den Jahren davor nicht so häufig passiert ist. Man muss aber auch sagen, dass sich die Konkurrenz in dieser Saison verbessert hat. Am Start, in der Fahrweise, wahrscheinlich auch ein bisschen im Material. Dann darf man sich einfach keinen Fehler erlauben.“

Vor allem die Österreicher sind plötzlich geschlossen stark.

Jonas Müller, Oberhof 23

Max Langenhan: „Ja, am Start sind sie uns näher gekommen, der ein oder andere ist sogar besser als wir. Jonas Müller hat schon wahnsinnig gute Startzeiten. Zuletzt sind sie wahnsinnig gut gefahren, wie auf Schienen. Und das durch die Bank. In den letzten Jahren waren sie im Training alle Weltmeister gewesen, im Rennen haben sie es dann wahnsinnig viele Fehler gemacht. Man sieht aber, dass sie alle Hausaufgaben, die sie zu machen hatten, bestens erledigt haben.“

Sie teilen mit dem dreimaligen Olympiasieger Felix Loch das Zimmer. Was können Sie noch von ihm lernen?

Max Langenhan: „Ich würde gerne so starten wie er, ich würde auch manchmal gerne sein schnelles Adaptieren haben, wie er sich auf geänderte Gegebenheiten anpassen kann. Felix dreht einfach den Schalter auf die Situation, die er braucht. Das kann ich nicht so gut.“

Ist das eine Frage der Erfahrung?

Max Langenhan: „Ich denke schon, dass das Erfahrung ist. Wenn man so viele Läufe überall gefahren ist, dann hattest du alles schon 18-, 19-mal durchlebt. Ich bin gerade mal in meiner sechsten Saison. Das ist schon ein kleiner Unterschied. Ansonsten hilft mir die Kommunikation mit ihm.“

Warum bezeichnen Sie Ihren Ehrgeiz sowohl eine Stärke als auch eine Schwäche?

Max Langenhan: „Das beste Beispiel ist mein gebrochener Fuß. Weil ich den Gesamtweltcup gewinnen möchte, kann ich nicht drei Wochen pausieren, damit ich dann fit zur WM bin. Dass ich vieles ausblenden kann, ist schon eine Stärke. Aber eine Schwäche ist, dass ich ab und zu nicht einsehe, wann eine Pause mal gut wäre. Vielleicht ist auch das Überperfektionistische, das mit meinem Ehrgeiz einhergeht, nicht so gut. Ich kann nie zufrieden sein. Ich gewinne Rennen und denke an den einen Fehler, den ich gemacht habe.“

Max Langenhan, Oberhof 2025

Gibt es eigentlich die perfekte Fahrt?

Max Langenhan: „Den perfekten Lauf habe ich noch nicht zu 100 Prozent geschafft. Aber zu 99,9 Prozent ist mir das schon zweimal gelungen.“

Bei welchen Rennen?

Max Langenhan: „2018 bei der Junioren-WM in Altenberg in der Teamstaffel. Der zweite Lauf war in Lake Placid zum Sprintrennen in der vorletzten Saison. Bei meinem zweiten WM-Start am Königssee hatte ich einen 98-Prozent-Lauf. Bis auf einen Rutscher aus der Teufelsmühle heraus hat wirklich alles zu 100 Prozent gepasst. Im Ziel hat mir Armin Zöggeler (zweimaliger Olympiasieger, Anmerkung der Redaktion) zu diesem Lauf gratuliert. Das war für mich der Ritterschlag schlechthin.“

Sie haben vor einem Jahr vor der Weltmeisterschaft in Whistler gesagt, dass für Sie ein perfekter Tag folgendermaßen aussähe: Morgens eine Runde Skifahren im Powder, 10:0 im Fußball gegen die Teamkollegen gewinnen und dann Weltmeister werden. Sind Sie so locker oder geht es so leicht für Sie?

Max Langenhan: „So sähe tatsächlich der perfekte Tag aus. Danach wurde damals gefragt. Mir würde auch ein 8:0 oder 7:0 im Fußball genügen. Für mich ist das einfach nur ein Rennen.“

Es war das WM-Rennen, vor dem viele Ihrer Konkurrenten nervös sind.

Max Langenhan: „Manche kommen wirklich nicht klar damit, dass ich bis kurz vor dem Rennen total tiefenentspannt bin. Das hat sich über die Jahre so entwickelt. Ich weiß sofort, was abgeht. Ich bin total in meinem Fokus, wenn es darum geht, 100 Prozent abzuliefern. Aber für mich ist dann ganz schnell der Schalter wieder umgelegt. Ich sage, man sollte sich nicht allzu sehr verkopfen, sondern am Ende noch mit Spaß herangehen.“

Spaß ja, aber schon mit einem klaren Ziel?

Max Langenhan: „Natürlich will ich Olympiasieger werden. Aber bei Olympischen Spielen kann am Tag X Jeder gut sein.“