Bahn-Portrait: „Imposant und historisch“ begeistert die alte Rodelbahn im rumänischen Sinaia

Old track in Sinaia 2023

Sinaia (FIL/28.06.2023) Die ehemalige Kunstbahn im rumänischen Sinaia wurde zwischen 1974 und 1976 gebaut. Sie war 1500 Meter lang, hatte 13 Kurven und der Unterschied zwischen Start und Ziel betrug 137 Höhenmeter. Das letzte Rodel-Rennen fand in Sinaia im Jahr 2006 nach den Olympischen Winterspielen in Turin (Italien) statt. Die ehemaligen Rodler Ioan Apostol, Bogdan Macovei, das Doppel Radu/Tican und auch die aktuellen Athleten Raluca Stramaturaru und Valentin Cretu haben auf der Bahn in Sinaia das Rodeln erlernt, dort trainiert und Wettbewerbe bestritten.

Fred Zimny and Bogdan Macovei at the old track in Sinaia 2023

FIL Development Director Fred Zimny (USA) besuchte nach dem FIL Kongress in Bukarest gemeinsam mit dem FIL Trainer Bogdan Macovei die historische Bahn in Sinaia und war begeistert: „Für mich ist die alte Rodelbahn etwas ganz Besonderes. Erstens weiß ich nicht, wie ich in meiner ganzen Rodelkarriere nicht wissen konnte, dass es diese Bahn gibt. Zweitens liegt sie tief in den Wäldern des Bucegi-Gebirges in Rumänien. Sie in diesen abgelegenen Wäldern zu finden, ist wie eine archäologische Expedition. Völlig verfallen, von Bäumen, Moos und Lianen überwuchert, wird sie langsam von der Natur zurückerobert. Beeindruckend ist auch die Größe dieses Bauwerks aus der Sowjetzeit. Es hat das unverkennbare Aussehen eines Bauwerks im sowjetischen Stil. Sie ist sehr, sehr lang und hat die größten Betonkurven, eigentlich nur Mauern, die ich je bei einer Rodelbahn gesehen habe. Für mich war es etwas ganz Besonderes, diese Bahn entlangzulaufen und die extrem langen Geraden und die massiven Kurven zu bestaunen.“

Sinaia Luge Track 2023

Im Jahr 1977 standen in Europa, Asien und Nordamerika 21 Kunstbahnen und 63 Naturbahnen für den internationalen Rodelsport zur Verfügung. Herausragende Kunstbahnen waren Königssee (BRD), Oberhof (DDR), Igls (Österreich) und Sinaia (Rumänien). Im Bau befanden sich damals die Bahnen in Lake Placid (USA), Winterberg (BRD) und Jeschken in der Hohe Tatra (CSSR).

Im Jahr 1976 wurde in Sinaia die Junioren-Europameisterschaft im Bobfahren ausgetragen. Die Rodel Europameisterschaft 1978 musste leider wegen Schneemangel abgesagt werden.

Die Bahn in Sinaia bildete die Basis für viele erfolgreiche Sportler:innen. Alle Kinder der Gegend, hatten mindestens einmal eine Fahrt mit dem Schlitten auf der Kunstbahn unternommen. Von 1990 bis 2000 wurde die Bahn nur noch von der Kurve 5 aus benutzt. Vom obersten Start erschien es den Verantwortlichen zu unsicher. Im Winter 2005/2006 fanden die letzten nationalen Wettbewerbe in Sinaia statt. Seither richtet Rumänien alle Wettbewerbe im Rodeln, Bob und Skeleton in anderen Ländern aus.

Raluca Stramaturaru

Die Sechstplatzierte des EBERSPÄCHER-Weltcup im Damen Doppel in der vergangenen Saison, Raluca Stramaturaru erinnert sich gerne: „Das Beeindruckendste an der Bahn von damals war die Geschwindigkeit. Da wir nicht über das Material von heute verfügten und der Bahnausbau ohne Maschinen erfolgte, war die hohe Geschwindigkeit gepaart mit den vielen Bodenwellen im Eis wirklich ein Abenteuer. Für mich war es ein einzigartiges Gefühl auf der Bahn in Sinaia zu rodeln“.

Ralucas erster Kontakt mit der Bahn in Sinaia ist mehr als zwei Jahrzehnte her. „Ich hatte wirklich keine Ahnung vom Rodeln oder Schlitten fahren, ich wollte einfach nur aus der Schule raus und Spaß haben. Mein erster Trainer setzte alle seine Fähigkeiten ein, um mich davon zu überzeugen, es noch einmal zu versuchen. In diesem Moment wurde mir klar, dass er vielleicht etwas in mir gesehen hatte, das ihn dazu veranlasste an mir festzuhalten und mich zu fördern. So begann ich im Jahr 1999 im Alter von 13 Jahren eine sportliche Reise, die bis heute andauert“.

Old track in Sinaia 2023

„Was die Bahn in Sinaia für mich zu etwas Besonderem macht, sind all die Erinnerungen, die ich in den vielen Jahren des Rodelns gesammelt habe. Ich werde nie den ersten Lauf auf der Bahn vergessen, wie nervös ich war und die Erleichterung, die ich spürte, als ich den Lauf beendete. Aber am wichtigsten für mich sind all die Menschen, die ich dort auf der Bahn getroffen habe... es hat mein Leben verändert“, so Raluca Stramaturaru, die einige Jahre auch als Athletenvertreterin der internationalen Rodler tätig war und in der vergangenen Saison im Einsitzer und Doppelsitzer der Damen im EBERSPÄCHER Weltcup startete.

Old track in Sinaia 2023

„Die Bahn in Sinaia war etwas ganz Besonderes für mich", berichtet auch Bogdan Macovei. „Ich wurde sehr melancholisch, als ich sah, wie sie heute aussieht. Es kamen viele Erinnerungen hoch, seit ich mit dem Rodeln angefangen habe. Das erste Mal kam ich 1994 zu den nationalen Meisterschaften nach Sinaia und war überrascht, wie groß die Bahn war, vor allem Kurve 13. In der Folge haben wir jedes Jahr einen Monat auf der Bahn in Rumänien trainiert. Ich erinnere mich, dass wir viele junge Athleten waren, die Rennen fuhren und Spaß hatten. Das letzte Mal bin ich 2006 dort gefahren. Seitdem habe ich die Bahn nicht mehr besucht, aber dieses Jahr habe ich Fred mitgebracht, um sie zu sehen. Ich war traurig zu sehen, was aus der tollen Kunstbahn geworden ist und wie schlecht sie aussieht. Ich bin enttäuscht, weil die rumänischen Behörden nichts dagegen unternommen haben. Ich weiß, dass Florian Ticu sehr dafür gekämpft hat, diese Bahn zu erhalten. Aber leider ist die Strecke so geworden, wie man sie auf den Bildern sieht. Das ist sehr traurig."

Fred Zimny und Bogdan Macovei haben diese Fotos von der alten Rodelbahn in Sinaia aufgenommen.