Emily Fischnaller – Auf der Zielgeraden eines außergewöhnlichen Weges

Emily Sweeney, USA

Lake Placid (FIL/04.08.2025) Für viele Athletinnen und Athleten ist die Teilnahme an den Olympischen Spielen das große Ziel – ein Höhepunkt, der Stolz und Emotionen mit sich bringt. Für Emily Fischnaller, geborene Sweeney, ist Olympia jedoch mehr als nur das: Es ist der rote Faden durch eine Karriere voller Erfolge, Rückschläge und Comebacks – und nun vielleicht ein letzter großer Auftritt in Mailand Cortina 2026.

Ein harter Anfang: Vom DNF zur Dauerbelastung

Als Emily 2018 ihr Olympia-Debüt in Pyeongchang gab, verlief nichts nach Plan. Ein schwerer Sturz im dritten Lauf, hervorgerufen durch einen Kontrollverlust in Kurve 12, endete mit einem DNF – und mit einer Verletzung, deren Nachwirkungen sie bis heute spürt. Nacken- und Rückenfrakturen warfen sie monatelang aus der Bahn – nicht nur physisch, sondern auch mental.

„Ich war bettlägerig und konnte kaum eine Position länger aushalten. Es war eine der schmerzhaftesten Zeiten meines Lebens“, erinnert sie sich. Und dennoch: Die Amerikanerin kämpfte sich zurück, weil sie es musste – für sich selbst, für ihren Traum.

Rückkehr mit neuem Mut

Emily Sweeney, PyeongChang 2018, Emily Fischnaller

2022 kehrte sie nach dieser Krise zurück auf die olympische Bühne – diesmal in Peking. Platz 26 in einem Feld von Weltklasse-Athletinnen war für Fischnaller mehr als eine Platzierung. Es war ein Beweis für ihren Willen, ihre Ausdauer – und ihre Relevanz in einem europäischen Sport.

„Ich bin nicht hier, um einfach nur dabei zu sein. Ich habe mich entschieden, hier zu sein, weil ich besser werden will“, sagt sie mit Nachdruck. In einem System, das außerhalb der Olympischen Spiele in den USA kaum Beachtung findet, war es für sie eine doppelte Leistung, sichtbar zu bleiben – und wettbewerbsfähig.

Saison 2024/25: Ihre beste bisher

Emily Sweeney, Nationencup, Winterberg 2025

Mit der Weltcup-Saison 2024/25 zeigte Emily Fischnaller, dass sie mehr ist als eine Comeback-Geschichte. Silber in Lillehammer, Bronze in Winterberg ergibt Platz 8 in der Gesamtwertung – obwohl sie verletzungsbedingt, nicht alle Rennen fuhr. Besonders Oberhof bleibt für sie tabu: Die Kurvenbelastung ist zu hoch für ihren Nacken. Doch anstatt zu hadern, zeigt sie Fingerspitzengefühl: „Ich weiß jetzt genau, welche Rennen ich fahren kann – und welche nicht. Ich höre auf meinen Körper.“ Außerdem sicherte sich Emily 2025 eine Bronzemedaille bei den 53. FIL-Weltmeisterschaften im kanadischen Whistler.

Ein neues Leben in Italien

Auch abseits des Eiskanals beginnt für Emily ein neues Kapitel. Seit dem Frühjahr 2025 ist sie mit dem italienischen Top-Athleten Dominik Fischnaller verheiratet. Die beiden führen seit fast 15 Jahren eine transatlantische Beziehung, seit sie sich 2009 in Winterberg kennenlernten. Nun zieht Emily dauerhaft nach Meransen in Südtirol – in ein gemeinsames Haus, das fast fertiggestellt ist.

Hochzeit Emily Sweeney und Dominik Fischnaller

„Wir teilen uns die Zeit noch auf, aber nach den Olympischen Spielen möchte ich ganz in Italien bleiben“, sagt sie – zwischen Passämtern, Aufenthaltsgenehmigungen und neuen Telefonnummern. Der Neuanfang ist bürokratisch, aber auch erfüllend.

Der letzte große Push

Ob Milano-Cortina 2026 ihr Karriereende markiert, lässt sie offen. Doch der Fokus ist da: „Es ist ein Olympiajahr, der Druck steigt. Aber ich bin bereit, mich zu pushen – jeden Tag ein Stück weiter.“ Mit fast 30 Jahren gehört Emily zu den erfahrensten Athletinnen im Feld. Ihre Geschichte – von Rückschlägen, Entbehrung und Beharrlichkeit – macht sie einzigartig im internationalen Rodelsport.

„Ich werde meinen Rücken immer spüren. Aber ich weine nicht darüber – ich lebe damit.“

Und wer weiß: Vielleicht krönt sich Emily Fischnaller im Februar 2026 mit einer olympischen Medaille. Verdient hätte sie es – nicht nur sportlich, sondern auch menschlich.