Familientradition auf Kufen – Die Olympia-Geschichte von Aparjods Familie

Aiva Aparjode with Kristers und Kendija

Berchtesgaden (FIL/14.11.2025) Es ist einer dieser unvergesslichen Momente im Sport, die unter die Haut gehen: Lillehammer 2016, Youth Olympic Winter Games.
Kristers Aparjods rast als Sieger ins Ziel, Goldmedaille! Sekunden später stürzt er sich in die Arme seiner Mutter Aiva Aparjode – Tränen, Lachen, pure Freude. Eine Umarmung, die mehr erzählt als tausend Worte. Denn sie steht für ein ganzes Leben voller Hingabe, Opferbereitschaft und Liebe zum Sport.

Was viele damals nicht wussten: Aiva war nicht nur Kristers’ größte Unterstützerin – sie war auch seine erste Trainerin. Die ehemalige Olympionikin aus Lettland hat ihren Sohn und seine Schwester Kendija buchstäblich auf den Schlitten gesetzt und ihnen gezeigt, dass Leidenschaft und Familie sich nicht ausschließen müssen.

Heute, fast zehn Jahre nach diesem magischen Moment in Lillehammer, ist die Familie Aparjods ein Symbol für lettischen Zusammenhalt, sportliche Stärke – und dafür, dass Erfolg auf Eis oft dort beginnt, wo Liebe zuhause ist.

Junge Mama im Eiskanal

Aiva Aparjode at Torino 2006 Olympics

Als die damals 19-jährige Aiva Briede 1996 plötzlich von der internationalen Bildfläche verschwand, ahnte niemand, dass sie schon bald als Aiva Aparjode zurückkehren würde – mit zwei kleinen Kindern im Gepäck.

„Ich war erst 21 und hatte bereits Kendija und Kristers“, erinnert sich die Lettin. „Aber ich war noch jung, voller Energie – und wollte unbedingt noch einmal zurück auf den Schlitten.“

Ihr Comeback gelang. Mit Unterstützung des Papas von Kendija und Kristers, der Schwiegermutter und viel Organisationstalent meisterte Aiva die Doppelrolle als Mutter und Leistungssportlerin.

„Die Kinder waren bestens betreut, oft auch mit ihrem Vater dabei. Und wenn ich nach Hause kam, war das Wichtigste, dass ich Geschenke und Süßigkeiten aus dem Ausland mitbrachte“, erzählt sie mit einem Schmunzeln.

Auch wenn sie ihre Familie auf Reisen vermisste – „die Zeit verging meist wie im Flug“, erinnert sich Aiva. „Die Telefonrechnungen damals waren allerdings beeindruckend – es gab ja noch kein WhatsApp oder Facetime!“

Olympiateilnahme in Turin 2006 – Vorbild für viele Sportlerinnen

Kendija, Aiva Aparjode and Kristers

2006 stand Aiva schließlich am Start der Olympischen Winterspiele in Turin – als erfahrene Athletin und stolze Mutter. Ihre Kinder waren damals zehn und acht Jahre alt. Mit Platz 18 im Damen Einsitzer schrieb sie lettische Sportgeschichte – und zeigte vielen Athletinnen, dass Familie und Spitzensport vereinbar sind.

„Die Kinder haben mich nie daran gehindert, meine Ziele zu erreichen. Im Gegenteil – sie waren mein größter Antrieb“, sagt sie rückblickend.

Familientradition fortgesetzt – Mama als erste Trainerin

Einige Jahre später sollte sich der Kreis schließen: Aiva wurde 2010 Nachwuchstrainerin und musste eine Gruppe junger Rodler:innen zusammenstellen.

„Natürlich fand ich zwei Kandidaten bei mir zu Hause“, lacht sie.

So standen Kendija (13) und Kristers (11) erstmals gemeinsam mit ihrer Mutter am Rodelstart – in Sigulda, der lettischen Rodelhochburg.

„Zuerst waren sie nicht begeistert, besonders Kendija nicht“, erzählt Aiva. „Aber nachdem sie verstanden hatten, worum es im Rodeln wirklich geht, gab es keine Proteste mehr, dass Mama sie zum Schlittenfahren schickt.“

Lettischer Cup 2023

Was folgte, ist bekannt:

Kristers gewann Jugend-Olympiagold in Lillehammer 2016, wurde später Fünfter im Herren-Einsitzer und Olympia-Bronzemedaillengewinner mit dem Team in Peking 2022.

Seine Schwester Kendija belegte im selben Jahr den 11. Platz im Damen-Einsitzer – das beste Olympiaresultat ihrer Karriere.

Zwei harte Jahre – mit vielen Tränen und großem Stolz

Doch der Weg dahin war nicht immer einfach. „Ich bin sehr stolz auf meine Kinder, weil ich weiß, wie hart sie arbeiten“, sagt Aiva.

„Viele Jahre waren sehr schwer – mit Verletzungen, Corona, Qualifikationsdruck und großen Emotionen. Ich habe viel geweint, vor Freude und vor Traurigkeit. Wir haben so vieles gemeinsam durchgestanden. Aber eines weiß ich ganz sicher: Meine Kinder sind mein größter Stolz und das Beste, was mir je passiert ist!“

Kendija Aparjode, Sigulda 2025

Die Familie Aparjods – vereint durch den Eiskanal

Heute steht Aiva wieder regelmäßig am Start – diesmal als Zuschauerin, Trainerin, Mutter und Fan. Papa Dainis betreut junge Talente in Saulkrasti, während Kendija und Kristers die lettischen Farben im Weltcup vertreten.

Eine Familie, die zeigt, dass Leidenschaft, Zusammenhalt und Liebe zum Sport stärker sind als jedes Hindernis.