FIL-Blumen für Südtiroler Rodel-Legende: Paul Hildgartner ist 70 Jahre alt geworden

Paul Hildgartner

Kiens (KA) Die FIL-Familie gratuliert nun auch auf diesem Wege einem ihrer Pioniere, Paul Hildgartner aus dem Südtiroler Pusteral, zu seinem 70.Geburtstag, den er am 8.Juni gefeiert hat. Hildgartner, einer der drei Ersten, die 2004 die Hall of Fame des Rennschlitten-Weltverbandes  „betreten“ durften, zusammen mit Margit Schumann (Oberhof) und Klaus Bonsack (Oberwiesenthalt).

Der Jubilar ist eine Legende seiner mit Weltklasserodlern gesegneten Region und einer der erfolgreichsten Wintersportler Italiens überhaupt. Zweimal Gold bei den Olympischen Winterspielen (OWS) 1972 und 1984 und ein mal Silber (1980). Fünfmal Teilnehmer an diesem größten Sportereignis der Welt - im Zeitraum von 16 (!) Jahren. Und zweimal beehrt, die Azzurri unter der Trikolore ins Stadion zu führen. Es war 1984 in Sarajewo und 1988 in Calgary.

Hildgartners Ehrentafel spiegelt nur einen Teil seiner zahlreichen Erfolge wider, einer fast 20jährigen Karriere auf sämtlichen Kunstbahnen der Zeit zwischen 1970 und 1988.

Begonnen hatte die Laufbahn des nun 70-jährigen aus Kiens-Ehrenburg dank seines älteren Bruders Leopold auf der Naturbahn, „der“, wie der Jubilar heute sagt, „elementaren Basis eines Rodlers - für das Fahrgefühl und das Beherrschen des Schlittens“. Belegt wird das von der glanzvollen Südtiroler Rennschlittengeschichte, mit Namen wie Erika Lechner (OWS Gold 1968), Gerda Weissensteiner (OWS Gold 1994), Ernst Haspinger (3xWeltcupsieger), Karl Brunner (WM 1971), von Hansjörg Raffl und den vier Huber-Brüdern (mehrfache WM und  Gold OWS), von Kurt Brugger (OWS Gold 1994) - und vielen anderen, die das Rodel-ABC auf Naturbahnen lernten. Über alle herausragend war der einmalige Armin Zöggeler. Vielleicht die „ewige Nummer 1“ in der Rodelwelt. In seiner glorreicher Medaillenspur nun, 2022, mit Dominik Fischnaller und Bronze in Peking, endlich wieder auch ein Südtiroler.

Paul Hildgartner am 70. Geburtstag

Paul Hildgartners langjähriger Doppelpartner Walter Plaikner (71) erinnert sich an seinen Piloten als „einen, der total für den Rodelsport lebte, der ein toller Athlet war, ehrgeizig und diszipliniert.“ So diszipliniert, dass er Plaikner in Imst einmal abends die Tür des gemeinsamen Zimmers zu sperrte - weil dieser den Zapfenstreich um zehn Minuten verpasst hatte. Beide Athleten übrigens, betont Hildgartner heute, verdankten ihre Erfolge einem deutschen Trainer: Sepp Mair vom Schliersee. Und ihrer Carabnieri-Sportgruppe im Grödner Tal.

Auch nach ihrer Laufbahn - für Hildgartner endete sie auf dem Einsitzer erst 1988 - blieb das Traumbar dem Rennschlittensport treu: Hildgartner  wirkte als Trainer in Norwegen und Kanada; Plaikner über 20 Jahre bei der Squadra Azzurra, viele Jahre auch in Japan, USA und Russland. Gemeinsam dienten sie der FIL mit ihrer Erfahrung lange Zeit als Technische Delegierte, Plaikner zudem in der Bahnbau-Kommission.

Heutzutage, als Pensionäre, treffen sie sich so oft es geht mit Freunden beim gemeinsamen Hobby, dem „Watten“, einem traditionsreichen Kartenspiel. Doch bei ihnen geht es dabei nicht um den Südtiroler Watten-König, sondern darum, wer als Verlierer den Nachmittags-Kaffee bezahlt. Über Jahrzehnte war Paul Hildgartner „nebenbei“ auch noch Gastwirt. Oder sagen wir besser, die rechte Hand seiner Ehefrau Margit (verheiratet seit 40 Jahren), die in Kiens-Ehrenburg den Historischen „Gasthof Knapp“ besaß - beliebt vor allem für seine Südtiroler Spezialitäten und im Herbst das Törggelen mit dem noch ganz jungen neuen Wein.

Leider hängt daran zur Zeit das Schild „Geschlossen“. Weil Hildgartners Ehefrau als „die südtiroler Oma“ der durch gesundheitliche Probleme belasteten Familie seines Sohnes Alexander, seit 14 Jahren als Arzt in Thüringen, unter die Arme greift. Aus diesem Grunde gab es zum 70. von Paul Hildgartner auch keine große Familienfeier: Leidiglich eine kleine mit Tochter Katharina, studierte Kunsthistorikerin und  jungverheiratet, sowie Bruder Leopold.

Dafür aber freute sich das“Geburtstagskind“ über eine Flut von Glückwünschen. „Von früh bis abends klingelten die Telefone... toll, das hatte ich nicht erwartet.“ Ebenso wenig, dass Südtirols beliebteste Zeitung „Dolomiten“ ihm eine Sonderseite gewidmet hatte und - die FIL Glückwünsche gesandt ! „Mit einem herrlichen Blumenstrauß, für den ich mich in Berchtesgaden noch am Abend bedankte habe“. Mit einem Foto und der allerersten Mail von seinem Handy.

Ja, so spontan ist er, der Paul Hildgartner. Manchmal auch bei seinem größten Hobby, der Jägerei, das er mit seiner Ehefrau teilt. Es ist deshalb kein Märchen, was sich die Alten im Pustertal manchmal an den Stammtischen erzählen: Wisst ihr noch, 1972, im Frühjahr, als der Paule im nagelneuen Fiat (Prämie für die Goldmedaille von Sapporo, der Verf.) auf dem Weg nach Olang einen Hasen sah ...ihm „blind“ über die Wiese nachjagte... dabei einen hölzernen Leitungsmast zersplitterte.... und Olang zwei Stunden lang ohne Strom war... Jugendsünden, längst verziehen. Woll !

Text von Klaus Angermann (ZDF-Rennrodel-Reporter bei acht Olympischen Winterspielen)

Paul und Margit Hildgartner mit Klaus und Renate Angermann, Foto privat

Foto aus dem Familienalbum: Paul Hildgartner und Ehefrau Margit "umrahmt" von Klaus Angermann und dessen Frau Renate.

 

Paul Hildgartners Ehrentafel

        
         Olympische Spiele
1972 Sapporo: Gold Doppelsitzer mit Walter Plaikner
1980 Lake Placid: Silber Einsitzer
1984 Sarajewo: Gold Einsitzer

         Weltmeisterschaften
1971 Olang: Gold mit W. Plaikner
1978 Imst: Gold Einsitzer
1973 Oberhof: Bronze/Plaikner
1979 Königssee: Bronze/Plaikner
1983 Lake Placid: Bronze/Plaikner

Paul Hildgartner, privat

         Europameisterschaften
1971 Imst: Gold Doppel mit Plaikner
1974 Kufstein: Gold Doppel/Plaikner
1978 Hammarstrand:Gold Einsitzer
1980 Olang: Silber Einsitzer
1984 Olang: Gold Einsitzer

         Weltcup-Gesamtsieger
1978/79, 1980/81 (zusammen mit Ernst Haspinger), 1982/83

        Weltcup-Einzelsiege
Elf zwischen 1977 und 1987

        Besondere Ehrungen
1984 und 1988 Fahnenträger Italiens bei den  Olympischen Winterspielen
2004 Erster Rodler in der Hall of Fame des Weltverbandes FIL
2006 Kurve 17 der Olympiabahn Cesana erhält den Namen „Paul Hildgartner“

photos: private