Heimvorteil in Sicht: Rieder und Kainzwaldner lassen den Olympia-Traum wieder aufleben

Cortina d‘ Ampezzo (FIL/15.09.2025) Im Olympischen Rodelsport, wo Millisekunden über Medaillen entscheiden und Beständigkeit Champions hervorbringt, können kleine Veränderungen beängstigend sein. Für die Italiener Emanuel Rieder und Simon Kainzwaldner war die Saison 2024/25 genau davon geprägt – von Veränderungen, Herausforderungen und letztendlich Charakterstärke.
In diesem Jahr stand das erfahrene Duo nicht auf dem Podium, wie es sich das erhofft hatte. Aber was sie gewonnen haben – Beharrlichkeit, Unabhängigkeit und eine neue Perspektive – das könnte sich auf dem Weg zu den Olympischen Winterspielen 2026 in Mailand-Cortina als noch wertvoller erweisen.
Die Höhen und Tiefen

Es gab Rückschläge. Bei den Weltmeisterschaften 2025 in Whistler belegten sie einen enttäuschenden 14. Platz – ihre schlechteste Platzierung bei einem großen Event seit Jahren. „Whistler ist eine Bahn, die selbst kleinste Fehler bestraft“, erklärte Kainzwaldner. „Wir hatten die ganze Saison Probleme am Start, hatten dort einfach zu viel Rückstand auf die Topteams, und das hat uns Geschwindigkeit gekostet.“
Aber sie ließen sich davon nicht die Saison ruinieren. Stattdessen kämpften sie sich zurück. In Yanqing, China, bei der letzten Station des Weltcups, verpassten sie nur knapp das Podium – mit nur 0,161 Sekunden Rückstand auf den dritten Platz. „Das Rennen in China ist das, auf das ich am meisten stolz bin“, sagte Kainzwaldner. „Auch wenn ein Podiumsplatz die perfekte Belohnung gewesen wäre, hat uns das einen enormen Schub gegeben. Es hat uns gezeigt, wozu wir noch fähig sind.“
Stärke in der Stille finden
Für Kainzwaldner kommt diese innere Stärke nicht nur aus dem Training oder den Rennen – sie kommt auch aus der Stille. Als passionierter Gleitschirmflieger findet er Ruhe in den Lüften über seiner Heimat Südtirol. „In der Luft zu sein, hilft mir, neue Energie zu tanken. Das macht meinen Kopf frei, schärft meinen Fokus und erinnert mich daran, zu atmen. Manchmal ist es genau das, was man braucht: einfach die Perspektive zu wechseln.“ Diese Einstellung – Ruhe unter Druck und Zuversicht in schwierigen Zeiten – könnte in diesem Jahr ihre Geheimwaffe sein.

Eine Saison der Veränderungen
„In dieser Saison haben wir viel probiert, leider haben sich die Veränderungen die wir am Schlitten vorgenommen haben nicht positiv ausgewirkt, aber wir haben viel an Erfahrung dazugelernt“ sagte Simon Kainzwaldner und dachte über die Hürden nach, die das Team zu überwinden hatte. „Dabei ist in unseren Köpfen eine Idee herangereift, wir möchten von Grund auf beim Bau unserer Rodel dabei sein, unsere Vorstellungen umsetzten.“ Bestärkt von den Mentoren von „GreatSeason“, eine berufsbegleitende Ausbildung für Sportler, an der Rieder/Kainzwaldner teilgenommen haben, organisiert von der Südtiroler Sporthilfe, geht man jetzt das Projekt an. Wertvolle Tipps und Knowhow von ehemaligen und aktuellen Technikern helfen dem Duo, dass sie nicht bei null starten, sondern vieles übernehmen und zu ihren Gunsten verfeinern können. „Das ist eine Herzensangelegenheit, es war schon immer mein Traum selber Hand anzulegen, und das „Rodelbauen“ von Grund auf zu erlernen“ sagt Kainzwaldner, selber gelernter Tischler.

Um finanziell dieses Unterfangen zu stemmen, haben einige Südtiroler Firmen dem Duo Unterstützung zugesagt. „Durch Greatseason bekamen wir einen Einblick in die Berufswelt, konnten viele Unternehmer kennenlernen, die uns einige Türen geöffnet haben, wo wir sonst nie hingekommen wären“ freut sich Rieder.
Jetzt heißt es, sich körperlich in Schuss zu bringen, denn was hilft eine schnelle Rodel, wenn der Startrückstand zu groß ist. „Das Gesamtpaket aus Athleten, Rodel, Start und Fahrgefühl muss eben passen, um erfolgreich zu sein“, weiß Rieder genau.
Blick auf Mailand-Cortina
Nun läuft der Countdown für die Olympischen Winterspiele 2026 im eigenen Land. Es ist zwei Jahrzehnte her, seit Italien zuletzt eine olympische Medaille im Doppel-Rodeln der Männer gewonnen hat – Bronze in Turin 2006 – und Rieder und Kainzwaldner sind entschlossen, das zu ändern. „Natürlich müssen wir zuerst die Qualifikation schaffen! Ziel ist es gemeinsam mit Nagler/Malleier unter den besten drei Doppelnationen zu sein, sodass wir einen zweiten Startplatz für Italien bekommen, um dann bei Olympia anzugreifen, denn mit den Olympischen Spielen vor der Haustür ist unsere Motivation größer denn je“, bekräftigt das Duo.
Sie sind in der letzten Saison vielleicht unter dem Radar geflogen, aber man sollte sie nicht unterschätzen. Mit ihrer langjährigen Erfahrung, neuem Elan und der Freiheit der Luft, gleiten Rieder und Kainzwaldner auf etwas Größeres zu.
Medaillen im eigenen Land sind selten. Aber wenn ein Team weiß, wie man nach einem Rückschlag wieder aufsteht, dann dieses. Behalten Sie sie im Auge. Das italienische Duo ist noch lange nicht am Ende.