FIL-Unterstützungsproramm: „Der Erfolg gibt uns recht“ Berchtesgaden (pps) Von „einer gravierenden Neuerung“ im kommenden Winter berichtet Josef Fendt, Präsident des Internationalen Rennrodel-Verbandes (FIL). „Der von allen Beteiligten sehr gut angenommene Team-Staffel-Wettbewerb erhält ab der Saison 2010/11 Weltcup-Status“, sagte der 62 Jahre alte Berchtesgadener im Interview mit dem offiziellen FIL-Pressedienst, fil-press. Ferner berichtet der zweimalige Weltmeister von den stabilen Teilnehmerzahlen im Viessmann-Weltcup, von der großen Resonanz im Junioren-Bereich („Das ist die Zukunft unseres Sports“) und dem umfangreichen Entwicklungsprogramm seines Verbandes („Der Erfolg gibt uns Recht“). Fendt erzählt auch von seiner engen persönlichen Beziehung zur Familie des bei den Olympischen Winterspielen tödlich verunglückten Nodar Kumaritashvili. „Trotz des tragischen Unglücksfalles in Whistler muss und wird der Rennrodelsport - auch im Sinne von Nodar und seiner Familie - weitergehen“, erklärte Fendt. Nur wenige Stunden vor der Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele in Vancouver verunglückte der Georgier Nodar Kumaritashvili beim Abschlusstraining tödlich. Wie haben Sie als Präsident des Internationalen Rennrodel-Verbandes (FIL) im Rückblick die schrecklichen Ereignisse erlebt? Josef Fendt: „Nicht nur ich, der gesamte Rennrodelsport erlebte am 12. Februar 2010 den schwärzesten Tag seiner fast 50-jährigen Olympischen Geschichte. Der Schock, der uns damals alle traf, sitzt auch heute noch tief. Nodar war mit seinen erst 21 Jahren ein guter, viel versprechender Rennrodel-Athlet. Er hatte den großen Traum von Olympischen Spielen, der am 12. Februar furchtbar zu Ende ging. Wie viele, die dieses Unglück in Whistler persönlich miterlebten, werde ich diesen Tag, diesen Moment, als ich die Nachricht vom Tode von Nodar erhielt, nie mehr vergessen.“ Wie erfuhren Sie von dem Unfall? Josef Fendt: „Ich befand mich mit FIL-Generalsekretär Svein Romstad gerade im Hauptquartier des Internationalen Olympischen Komitees in Vancouver. Von IOC und VANOC wurde sofort ein professioneller Krisenstab einberufen mit fast stündlichen Sitzungen. Die Verteilung der Aufgaben war dann so, dass ich in Vancouver beim Krisenstab bleiben und Generalsekretär Romstad nach Whistler fahren sollte. Meine Gedanken und mein Mitgefühl waren in erster Linie bei der Familie Kumaritashvili, aber auch bei unserem Sportfreund Felix, dem Onkel, Trainer und Präsidenten des georgischen Rennrodelverbandes.“ Wie sieht – fast fünf Monate nach dem Unglück – die Unterstützung für Nodar und seine Familie von Seiten der FIL aus? Josef Fendt: „Ich habe seit Beginn der tragischen Ereignisse versucht, persönlichen Kontakt zur Familie Kumaritashvili zu halten, was auch bis heute der Fall ist. Ich war Ende März bei der Trauerfeier im Heimatort von Nodar in Bakuriani in Georgien. Bei dieser großen Trauerfeier, die nach orthodoxem Glauben immer 40 Tage nach dem Tode stattfindet, waren neben VANOC-Präsident John Furlong und IOC-Vertretern auch mehrere Vertreter unserer Mitgliedsverbände und Athleten dabei, allen voran Olympiasieger Felix Loch. Der Vater Davit und Felix Kumaritashvili waren auf Einladung der FIL kürzlich bei mir im FIL-Office in Berchtesgaden. Anschließend waren wir zusammen auch zu einem Besuch beim IOC in Lausanne.“ Ist über die persönliche Unterstützung hinaus noch weiteres geplant? Josef Fendt: „Nodar stammt aus einem Dorf und einer Familie mit alter Rennrodeltradition. Deshalb will auch die Familie, dass es trotz dieses tragischen Unglücks mit dem Rennrodelsport in Georgien weitergeht. Die Familie, das ganze Dorf, das Nationale Olympische Komitee und die Regierung von Georgien wünschen sich in Erinnerung an Nodar in Bakuriani die Errichtung eines Rennrodelzentrums mit Kunstbahn-Kurzbahn für die dortige Ost-Region. Obwohl auch das IOC Unterstützung signalisiert hat, muss derzeit noch geprüft werden, wie dieser Wunsch realisiert werden kann.“ Wie präsentiert sich die FIL aus Ihrer Sicht nach dem Olympia-Winter 2010? Josef Fendt: „Trotz des tragischen Unglücksfalles in Whistler muss und wird der Rennrodelsport – auch im Sinne von Nodar und seiner Familie – weitergehen. Dank der guten kontinuierlichen Entwicklungsarbeit in der FIL haben wir schon seit Jahren stabile Teilnehmerzahlen bei unseren Wettbewerben. Bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver/Whistler waren trotz strenger Qualifikationskriterien Rennrodler aus 25 Nationen dabei. Es gab noch weitere Nationen, die Aktive zur Teilnahme entsenden wollten, die die FIL aber wegen den mit dem IOC vereinbarten Qualifikationsregeln nicht zulassen konnte. Ausnahmen waren nicht erlaubt.“ Wie sieht es im Viessmann-Weltcup und im Nachwuchsbereich aus? Josef Fendt: „In der gesamten Wintersaison 2009/10 haben allein bei unseren Weltcup-Veranstaltungen im Kunstbahn-Bereich 32 Nationen teilgenommen. Besonders erfreulich sind auch die hohen Teilnehmerzahlen bei den Jugend- bzw. Junioren-Rennen. So hatten wir beim Junioren-Weltcup am Königssee 162 Teilnehmer aus 20 Nationen und bei den Junioren-Weltmeisterschaften in Igls kamen die Athleten aus 21 Nationen und drei Kontinenten. Ich stelle das deshalb auch mit großer Zufriedenheit heraus, weil doch gerade die Teilnehmer in den Jugendklassen die Zukunft unseres Sports garantieren.“ Was sind die Gründe für diese positive Entwicklung? Josef Fendt: „Diese erfreuliche Entwicklung kommt nicht von selbst. Sie ist ein guter Beweis, dass unsere gesamten Maßnahmen zur Unterstützung und Entwicklung des Rennrodelsports in der FIL richtig und gezielt eingesetzt und – was natürlich ebenso wichtig ist – von den Mitgliedsverbänden auch angenommen und umgesetzt werden. Unsere Unterstützungsprogramme sind sehr vielfältig. Wir geben nicht einfach an jeden Mitgliedsverband einen bestimmten Pauschalbetrag, wie es einige andere Internationale Verbände machen. Das wäre sicher für die FIL der leichteste Weg. Unser seit mehreren Jahren immer feiner entwickeltes Verteilungssystem ist natürlich wesentlich arbeitsintensiver, aber ich denke, der Erfolg gibt uns recht.“ Wie kann man sich die Unterstützung konkret vorstellen? Josef Fendt: „Die FIL hat die Trainingscamps in Nagano/Japan, in Manali/Indien oder erst kürzlich in Erzurum/Türkei unterstützt. Ich möchte auch an das Engagement unseres Vizepräsidenten Geoff Balme erinnern, der in Neuseeland ein Rodel-Trainings-Center aufgebaut hat. Rennrodeln war im letzten Jahr bei der Eröffnung der neuseeländischen Winterspiele erstmals als Demonstrationswettbewerb dabei. Kasachstan, die Türkei und Ungarn haben für diesen Kongress ihren Antrag auf Vollmitgliedschaft in der FIL gestellt, weil auch in diesen Ländern der Rennrodelsport nachweislich aktiv ausgeübt wird. Auch ein Athlet aus Tonga hat in den letzten Saisons schon sehr gute Rennrodel-Ergebnisse erzielt. All dies sind schöne Beweise unserer guten Entwicklung in der FIL.“ Was steht auf der sportlichen Seite in naher Zukunft im Mittelpunkt? Josef Fendt: „Uns erwartet eine völlig neue Sportveranstaltung im Januar 2012 in Innsbruck-Igls. Es sind die vom IOC neu geschaffenen Olympischen Jugendspiele. Die Vorbereitungen dazu laufen schon auf Hochtouren, und wir sind immer in engem Kontakt mit dem IOC und dem Organisationskomitee der Olympischen Jugendspiele. Der Rennrodelsport ist als fixe Sportart dabei. Wir können hier auch eine gute Beteiligung der Nationen erwarten, da bei den Junioren-Weltcups und Junioren Weltmeisterschaften der vergangenen Saison schon besonders viele Athleten der Jahrgänge dabei waren, die bei den Olympischen Jugendspielen zugelassen sind. Leider ist es uns nicht gelungen, auch den Naturbahn-Rennrodelsport bei den Olympischen Jugendspielen so zu integrieren, wie wir es uns erhofft und vorgestellt hatten.“ Gibt es weitere Neuerungen im kommenden Winter? Josef Fendt: „Wir haben in der Exekutive in Abstimmung mit der Sportkommission ab kommender Wintersaison im Kunstbahn-Sport eine gravierende Neuerung beschlossen: Der von allen Beteiligten sehr gut angenommene Team-Staffel-Wettbewerb erhält nun Weltcup-Status. Der bisherige Challenge-Cup wird dafür entfallen. Das wurde möglich nach positiven Verhandlungen über die unterschiedlichen Werberechte mit unseren Marketing-Agenturen. Dafür ausdrücklicher Dank an unsere Partneragenturen Infront und RGS. Die bei den Challenge-Cup Wettbewerben nicht mehr fälligen Prämien an die Athleten werden wir aber nicht einsparen, sondern bei den Team-Staffeln dazugeben.“ Ziel ist es, die Team-Staffel ins Olympiaprogramm zu hieven. Wie sieht der Weg dorthin aus? Josef Fendt: „Wir haben beim IOC bereits fristgerecht den Antrag auf olympische Anerkennung für die neue Disziplin ‚Team-Staffel‘ bei den Olympischen Winterspielen Sochi 2014 eingereicht. Mit allen derartigen Anträgen wird sich demnächst die IOC-Programm-Kommission befassen, und die IOC-Exekutive wird noch im November diesen Jahres entscheiden. Wir haben aber bereits eine wohlwollende Reaktion erhalten!“