Mit Tempo Richtung Heim-Olympia: Die Geschichte des Rodel-Duos Andrea Vötter und Marion Oberhofer

Cortina (FIL/09.06.2025) Wenn am 6. Februar 2026 in Mailand-Cortina die Olympischen Winterspiele eröffnet werden, steht der Rennrodel-Sport in Italien erneut im Rampenlicht – wie schon 2006 in Turin, als Armin Zöggeler seine zweite Goldmedaille gewann und zur Legende wurde. Zwei Jahrzehnte später könnte erneut italienische Kufen-Geschichte geschrieben werden: mit dem Damen-Doppel Andrea Vötter und Marion Oberhofer, das als Medaillenhoffnung ins Rennen geht – und vielleicht zur nächsten Generation Rodel-Ikonen aufsteigt.
Vom Einzel zur Einheit: Der Weg zum Erfolg
Dass Andrea Vötter und Marion Oberhofer ein starkes Team sind, ist längst kein Geheimnis mehr. Seitdem die Disziplin Damen-Doppel offiziell Teil des Rennrodel-Kalenders ist, haben sie das Geschehen maßgeblich mitgeprägt. Zwei von drei Gesamtwertungen im EBERSPÄCHER Weltcup gingen an sie, ebenso der Europameistertitel 2023 und der Sprint-Sieg bei der WM 2024 in Altenberg. Sie sind ein eingespieltes Duo, das nicht nur sportlich harmoniert, sondern auch menschlich.
„Ich denke, der Schlüssel ist unsere Freundschaft außerhalb der Bahn“, erklärt Oberhofer. Die 24-Jährige stammt aus Meransen in Südtirol, nur wenige Meter von der italienischen Startbahn entfernt. „Wir haben großartige Fans und ein tolles Team hinter uns – das macht uns stark.“
Andrea Vötter, die elf Jahre lang im Einsitzer fuhr, bevor sie 2021 zum Doppel wechselte, ergänzt nüchtern: „Natürlich wissen wir, dass wir zu den Favoritinnen für 2026 gehören. Aber wir denken Schritt für Schritt. Erst kommt das Testrennen in Cortina im November, dann die Weltcups und die Olympiaqualifikation.“

Zwischen Triumph und Herausforderung
Trotz aller Erfolge gibt es noch eine Lücke in der Erfolgsbilanz: Der Weltmeistertitel fehlt. In Oberhof 2023 waren sie mit nur 0,187 Sekunden Rückstand knapp dran, doch Gold ging an das deutsche Duo Degenhardt/Rosenthal. 2024 in Altenberg verpassten sie erneut das Podest, ebenso bei der WM 2025 in Whistler, wo sie mit dem undankbaren vierten Platz abreisten.
Die Konkurrenz schläft nicht – Teams aus Deutschland, Österreich, Lettland und den USA liefern sich einen engen Schlagabtausch um Hundertstelsekunden. Doch das Duo aus Südtirol analysiert akribisch und arbeitet hart. „Unsere größte Schwäche war zuletzt der Start“, sagt Oberhofer. Auf der flachen Bahn in Cortina wird genau dieser entscheidend sein. „Wir brauchen dort eine gute Startzeit, um die Geschwindigkeit über die ganze Bahn mitzunehmen.“
Der olympische Traum auf italienischem Eis

Die Olympischen Spiele 2026 in der Heimat sind mehr als nur ein sportliches Ziel. Sie sind Motivation, Emotion und vielleicht der krönende Abschluss eines bisher außergewöhnlichen gemeinsamen Weges. Während Vötter mit 29 Jahren die erfahrenere Athletin ist, bringt Oberhofer jugendliche Dynamik mit – eine Mischung, die funktioniert.
„Wir freuen uns riesig auf die Olympischen Spiele in unserer Heimat“, sagte Vötter. „Aber wir wissen auch, dass noch viel Arbeit vor uns liegt. Die neue Olympiabahn ist nicht die technisch schwierigste Bahn aber es ist schwierig eine schnelle Zeit hinzubekommen.“
Die zweimalige Gesamtweltcupsiegerin im Damen-Doppel freut sich auf die Herausforderung: „Cortina ist zu meiner Lieblingsbahn geworden. Mir gefällt sie richtig gut. Wir hatten im April 2025 sehr gute Trainingsläufe mit sehr guten Bedingungen und das zu dieser Jahreszeit. Natürlich wäre für uns ein flacher Start besser, aber zum Glück gibt es kein schwieriges Starteck. Das Wichtigste ist auf alle Fälle ein schneller Start, um den Schwung bis zu den Kurven 8-9 gut mitzunehmen. Wir müssen eine optimale Fahrlage zeigen und brauchen einen schnellen Schlitten.“

Was in Cortina passiert, wird nicht nur für Vötter und Oberhofer wegweisend sein, sondern für die gesamte Disziplin: Das Damen-Doppel feiert dort sein olympisches Debüt. Wer sich dort durchsetzt, wird sich für immer in den Geschichtsbüchern des Rennrodelsports verewigen – so wie einst Feistmantl und Stengl 1964 im Herren-Doppel bei den ersten Olympischen Spielen in Innsbruck.
Mit einem Bein auf dem Podest?
Der Weg zur Medaille in Cortina ist noch lang und voller Unwägbarkeiten. Doch Vötter und Oberhofer haben sich in drei Jahren zur Weltklasse entwickelt und wissen, worauf es ankommt. Technik, Taktik, Timing – und ein starkes Team im Rücken. Vielleicht stehen sie 2026 auf dem obersten Podest. Vielleicht auch nicht. Doch schon jetzt sind sie Vorreiterinnen in ihrer Disziplin – und ein sportliches Aushängeschild für Italien.
Und wer weiß: Vielleicht schreiben sie in Cortina ein neues Kapitel italienischer Rodelgeschichte.