Vorschau 51. FIL-Weltmeisterschaften in Oberhof (GER)

Oberhof Bahn

Oberhof (FIL) An diesem Wochenende werden vom 26. bis 29. Januar 2023 die 51. FIL-Weltmeisterschaften in der LOTTO Thüringen EISARENA in Oberhof ausgetragen. Zum vierten Mal nach 1973, 1985 und 2008 finden die FIL Rodel Weltmeisterschaften in Thüringen statt. Insgesamt 143 Athlet:innen aus 20 Nationen haben für die diesjährigen Titelkämpfe gemeldet, davon 36 Damen, 30 Herren, 16 Damen- und 21 Herren-Doppelsitzer sowie elf Team-Staffeln.

Die WM-Medaillen werden in den Wettbewerben Einsitzer für Frauen und Männer, Doppelsitzer für Frauen und Männer, in der Team-Staffel sowie jeweils im Sprint der Ein- und Doppelsitzer vergeben. Abgesehen von der Team-Staffel und den Sprintwettbewerben sind jeweils zwei Entscheidungsläufe vorgesehen.

Oberhof Bahn

Mit der Einführung der getrennten Wettbewerbe im Doppelsitzer zur Saison 2021/22 finden in Oberhof die erst zweiten Weltmeisterschaften im Damen Doppel statt. Im Zuge der Bestrebungen der FIL zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter, wurde für die Saison 2022/23 auch die Anzahl der Athletinnen und Athleten in den Startgruppen gleichgestellt. Es sind erstmals gleich viele Frauen wie Männer startberechtigt.

Coronabedingt zuletzt von den Wettkämpfen ausgeschlossen, können sich die Athletinnen und Athleten in Oberhof über die lautstarke Unterstützung ihrer Familien, Freunde und Fans freuen. Dank umfassender Modernisierung der LOTTO Thüringen EISARENA wurden die Bedingungen an der Bahn für Zuschauer und Athleten gleichermaßen verbessert. Nach drei Bau-Phasen in den Sommern 2020 bis 2022 erstrahlt die 1354,5 Meter lange Bahn mit 15 Kurven in futuristischem Glanz. Es wurden unter anderem die technischen Anlagen und die Beleuchtung erneuert, die Sonnensegel ausgetauscht und einzelne Kurven und Strecken in bronzefarbener Metall-Optik überdacht. Zudem wurden die Damen- und Herrenstarts erweitert, ein neues Wiegehaus und ein modernes Pressezentrum gebaut. Mit einer Gesamt­investitionssumme von 31,5 Millionen Euro wurden ein zukunftsweisendes Energie­konzept, neue Sicherheitsstandards und viele weitere Neuerungen realisiert.

Die 51. FIL-Weltmeisterschaften werden am Donnerstag, 26. Januar, um 18 Uhr im Beisein von Thüringens Ministerpräsidenten Bodo Ramelow und FIL Präsident Einars Fogelis offiziell auf der Medal Plaza im Kurpark in Oberhof eröffnet.

Wer gewinnt die WM-Medaillen?

Oberhof Bahn

Bei den letzten Rodel-Weltmeisterschaften vom 24. bis 27. Januar 2008 in Oberhof gingen die Medaillen nach Deutschland, Österreich und Lettland. Tatjana Hüfner, Felix Loch, André Florschütz/Torsten Wustlich und das Team Deutschland holten viermal Gold in den bisher vier Olympischen Disziplinen. Doch bei der WM 2023 kommen weitere Disziplinen und damit Medaillen-Chancen mit den Damen Doppelsitzern und der Sprint-WM in der LOTTO Thüringen EISARENA dazu. Die WM-Generalprobe fand 2022 mit dem EBERSPÄCHER-Weltcup in Oberhof statt. Dreimal Gold, dreimal Silber, zweimal Bronze war die deutsche Bilanz ein Jahr vor der WM. Bei den Einsitzern der Damen ging der Sieg nach Österreich. Den Zweikampf zwischen der deutschen Weltmeisterin Julia Taubitz und Madeleine Egle konnte die Tirolerin beim EBERSPÄCHER-Weltcup 2022 für sich entscheiden. Auch bei den Herren, den Doppelsitzern und im Team waren die lettischen und österreichischen Rodler besonders stark. Die Spannung für die 51. FIL-Weltmeisterschaften 2023 ist daher hoch, Konkurrenz belebt schließlich das Geschäft.

Loch, Langenhan, Kindl, Gleirscher, Fischnaller oder Aparjods?

Podium Men's Singles, Sigulda 2023

Sieht man sich die sieben in dieser Saison gefahrenen Weltcups an, dann scheinen die Chancen doch sehr ausgeglichen. Österreich, Italien und Deutschland haben jeweils zwei Weltcuprennen bei den Herren im Einzel gewonnen. Lettland war einmal siegreich mit Kristers Aparjods, der zusätzlich zu Hause in Sigulda eine Bronzemedaille bei den Europameisterschaften und den vorletzten Weltcup vor der WM gewonnen hat. Mit dem 24-Jährigen ist besonders auf technisch schwierigen Bahnen zu rechnen, was ihn für die WM in Oberhof absolut in den engsten Kreis der Favoriten bringt. „In Oberhof gibt es einige ähnliche Passagen wie auf meiner Heimbahn in Sigulda. Ich habe bei der EM vor zwei Jahren in Oberhof mein erstes Podium erreicht, mich dort aber auch schon einmal schwer verletzt. Ich weiß, dass ich zur WM in Oberhof schnell sein kann, und es wäre mein absoluter Traum dort zu gewinnen“, sagt der 24-jährige Lette selbstbewusst.

Deutschlands Rodler zeigten mit dem dreifachen Olympiasieger Felix Loch und dem frisch gebackenen Europameister Max Langenhan in Richtung Heim-WM aufsteigende Tendenz und präsentierten sich zuletzt in Top-Form. „Ich bin froh, dass Max zurück ist und ich jetzt vorne nicht mehr alleine die Fahne hochhalten muss. Wir bereiten uns gemeinsam auf die WM vor und freuen uns schon sehr darauf, in Oberhof vor heimischem Publikum zu fahren“, sagte der 33-Jährige aus Bayern. Er ist auch mit sechs Gold- und drei Silbermedaillen der aktuell erfolgreichste Rodler bei Weltmeisterschaften. In der ewigen Bestenliste ist nur Spitzenreiter Armin Zöggeler vor Loch. Er hat zudem auch noch eine Bronzemedaille bei Weltmeisterschaften gewonnen. Loch könnte mit Bronze also gleichziehen und mit Silber oder Gold gar Geschichte schreiben und die Führung in der ewigen WM-Bestenliste übernehmen.

Nico Gleirscher, Igls 2022

Das Team des Österreichischen Rodelverbandes ist bärenstark in die Saison gestartet. Beim Auftakt in Innsbruck schockten Nico Gleirscher, Wolfgang Kindl, Jonas Müller und David Gleirscher die Konkurrenz mit einem Vierfach-Erfolg. Bei den beiden im Jahr 2023 gefahrenen Weltcups schaffte es dann niemand aus dem starken Männerteam auf das Podium. Nico Gleirscher überzeugte allerdings mit einer Halbzeitführung und am Ende Platz vier in Sigulda. Mit gesamt zwei Weltcup-Siegen, viermal Silber und zweimal Bronze führt das rot-weiß-rote Herren-Team, trotz eines rabenschwarzen Weltcup-Wochenendes in Sigulda, den Medaillenspiegel der an. Mit gleich vier Medaillenkandidaten in einer Mannschaft und darunter Ex-Weltmeister Wolfgang Kindl, kann sonst niemand aufwarten.

Für Italien hat die zwei Siege und drei dritten Plätze bisher im Weltcup der Bronzemedaillengewinner von Peking 2022, Dominik Fischnaller alleine gewonnen. Alle Hoffnungen der Südtiroler Fans ruhen daher auf ihm. Sein Cousin Kevin Fischnaller pausiert verletzungsbeding schon die ganze Saison. „Kevin hat sehr viele Wehwehchen. Mal ist es der Meniskus, mal der Nacken oder Rücken. Wir werden ihn wohl in dieser Saison leider nicht mehr sehen. Wir zeigen momentan mit Dominik und Leon Felderer aber eine aufsteigende Form, das ist sehr positiv. Ziel ist es auf jeden Fall, um die Medaillen zu fahren“, so Rekord-Weltmeister und technischer Direktor der Azzurri Armin Zöggeler.

Vorschau Damen: Viermal Deutschland gegen Egle und Vitola

Podium Damen, Sigulda 2023

Drei Lokalmatadorinnen sowie die Europameisterin und frisch gebackene Deutsche Meisterin führen den Kreis der Favoritinnen für die Rodel WM 2023 in Oberhof an. Statistisch gesehen ist Julia Taubitz die Favoritin. Mit einer Gold- und zwei Silbermedaillen bei Rodel-Weltmeisterschaften im Einzel, führt sie die WM-Bestenliste der aktiven Rodlerinnen an. Freilich haben Tatjana Hüfner als Rekordhalterin fünf und Natalie Geisenberger als Rekord-Olympiasiegerin vier WM-Titel auf dem Konto. Doch die beiden Ausnahmerodlerinnen aus Deutschland sind nicht mehr am Start. Natalie Geisenberger hat ihr zweites Kind bekommen. Dajana Eitberger, die in Oberhof das Rodeln gelernt hat, überzeugte bisher mit einer WM-Bronzemedaille und zuletzt zwei Weltcupsiegen und dem Vize-Europameistertitel. „Ich konnte diesen Winter an meine alte Form anknüpfen. Ich fühle mich aktuell athletisch und fahrdynamisch gut. Es passt einfach alles zusammen, so habe ich es mir für die Heim-WM gewünscht und ich genieße jeden Lauf und möchte dort mein letztes Einzelrennen optimal abschließen. Ich freue mich auf das, was kommt.“ Die 32-jährige gebürtige Ilmenauerin hat ihren Wechsel zum Damen Doppel angekündigt.

Die 19-jährige Merle Fräbel überzeugte schon in der internen Weltcup-Qualifikation auf ihrer Heimbahn in Oberhof mit zwei Siegen, stand dann in Whistler erstmals auf dem Weltcup-Podium und verpasste dieses zuletzt in Sigulda mit Rang vier nur knapp. Optimal in Form gekommen für die Heim-WM ist auch die Deutsche Meisterin von Oberhof und Europameisterin Anna Berreiter: „Ich liebe Oberhof wieder. Die Saisonvorbereitung ist nicht so gut gelaufen. Ich hoffe, dass die Bahn gut steht, mein Gefühl ist gut für die WM.“

Madeleine Egle, Whistler 2022

Die Tirolerin Madeleine Egle siegte im Vorjahr beim Weltcup in Oberhof und konnte auch die ersten drei EBERSPÄCHER-Weltcups der laufenden Saison gewinnen. Die 24-Jährige hat acht Weltcup-Siege zu Buche stehen und überzeugt gewöhnlich mit den schnellsten Startzeiten und viel Speed im Eiskanal. Wenn sie zur WM in Thüringen zwei konstante Läufe zeigen kann, dann geht der WM-Titel nur über Egle.

Die beiden Lettinnen Elina Ieva Vitola und Kendija Aparjode rechnen sich ebenfalls Medaillenchancen aus. Aparjode stand vor zwei Jahren beim Weltcup in Oberhof schon auf dem Podium und ihre Teamkollegin fuhr bei den beiden letzten Rennen in Sigulda auf das Podest und holte Bronze bei der EM. „Ich hoffe, dass ich auch in Oberhof um die Medaillen fahren kann. Das ist mein Ziel für die WM“, sagt Vitola selbstbewusst.

Vorschau Doppel: Newcomer, Überflieger oder Kunstflieger: Wendl/Arlt und Eggert/Benecken Favoriten bei den Herren

Podium Men's Doubels, Sigulda 2023

Mit viermal Gold und dreimal Silber führen die Lokalmatadore Toni Eggert und Sascha Benecken vor ihren Heim-Weltmeisterschafen die WM-Rangliste als erfolgreichstes Rodel-Duo an. Kunstflieger Toni Eggert hatte gemeinsam mit seinem Thüringer Doppel-Partner Sascha Benecken auch im vergangenen Jahr den Heim-Weltcup in Oberhof gewonnen und damit den Bayern-Express mit Wendl/Arlt in Oberhof auf Rang zwei verwiesen. Immerhin dreimal Gold, dreimal Silber und einmal Bronze bei Weltmeisterschaften können die dreifachen Olympiasieger Tobias Wendl und Tobias Arlt auf ihrem Konto verbuchen. Zuletzt hatten die beiden Überflieger in Lettland bei der EM ihren vierten Europameister-Titel eingefahren. Die Newcomer Martins Bots und Roberts Plume konnten die Olympiasieger beim vierten Saisonweltcup in Sigulda hinter sich lassen und waren bei den Europameisterschaften nur knapp hinter den Überfliegern aus Bayern auf den Silberrang gerodelt. „Die Teams aus Deutschland und Österreich konnten nochmal ein paar Tage nach Hause fahren vor dem Training in Oberhof. Wir hatten leider keine Pause mehr und sind direkt nach Oberhof gefahren. Es wäre ein Traum für uns, eine WM-Medaille zu gewinnen. Aber wenn Wendl und Arlt uns ihre Geheimnisse für Oberhof verraten, dann sollte es mit einer Medaille zur WM klappen“, sagt Roberts Plume mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht.

Eggert / Benecken, Sigulda 2023

Auf jeden Fall sollte man auch die Österreichischen Duos auf der Favoriten-Liste für die WM haben. Juri Gatt und Riccardo Schöpf konnten in diesem Winter bereits viermal auf das Weltcup-Podium rodeln und siegten gleich beim Auftakt in Innsbruck zum ersten Mal in ihrer Karriere. Thomas Steu und Lorenz Koller standen nur einmal auf dem Podium, beim EBERSPÄCHER-Weltcup zu Hause in Innsbruck. Das Duo aus Vorarlberg und Tirol hat aber bereits eine WM-Medaille (Bronze in Winterberg 2019) gewonnen. Österreichs Cheftrainer Christian Eigentler gibt sich kampfbereit: „Nach unserem Abschneiden bei den beiden letzten Weltcups in Lettland, wo wir ohne Medaillen geblieben sind, ist unser Team definitiv auf Wiedergutmachung aus. Wir arbeiten entsprechend hart weiter und werden voll angreifen!“

Degenhardt/Rosenthal wollen Titel verteidigen

Ein heißes Eisen haben die rot-weiß-roten Rodler auch beim Damen Doppel im Feuer. Selina Egle und Lara

Degenhardt / Rosenthal, Igls 2022

Kipp standen im EBERSPÄCHER-Weltcup 2022/23 bereits viermal auf dem Podium, dreimal davon ganz oben auf dem Goldplatz. Bei den Europameisterschaften zuletzt in Lettland fehlte den beiden jungen Tirolerinnen eine Hundertstelsekunde zum Stockerlplatz. Den holten sich Jessica Degenhardt und Cheyenne Rosenthal. Sie schrieben 2022 Geschichte: Die 20-jährige Sächsin und die 22-jährige Nordrhein-Westfälin trugen sich im Januar 2022 als erste Weltmeisterinnen im Damen Doppel in die Geschichtsbücher ein. In der VELTINS EisArena in Winterberg gewann das deutsche Duo aus Winterberg und Altenberg am Sonntag, 30. Januar 2022, den ersten WM-Titel in dieser noch jungen Disziplin. Auf dem Weg zur Gleichberechtigung der Geschlechter, fand 2022 die erste Weltmeisterschaft im Doppel der Damen statt. Ein paar Monate später nahm die IOC-Exekutive diese neue Disziplin dann in das olympische Programm für Mailand-Cortina 2026 auf.

Das etablierte deutsche Damen Doppel möchte den WM-Titel verteidigen: „Wir wollen ein tolles Rennen mit zwei konstanten Läufen zur WM zeigen. Oberhof ist eine sehr schöne Bahn. Die Titelverteidigung wäre das Ziel. Wir hatten noch keinen Sieg in dieser Saison aber wir gucken, dass wir zur WM angreifen können“, gibt sich Jessica Dengenhardt zuversichtlich. Auf der Rechnung haben muss man auch die beiden Lettinnen Anda Upite und Sanija Ozolina. Sie standen dreimal bei drei Weltcup-Starts auf dem Podium, gewannen Silber bei den Europameisterschaften, rodelten eine Woche zuvor zum ersten Weltcup-Sieg auf der Heimbahn in Sigulda und sicherten sich die Bronzemedaille beim Auftakt in Innsbruck.

Andrea Vötter und Marion Oberhofer

Drei souveräne Weltcup-Siege holten die beiden Italienerinnen Andrea Vötter und Marion Oberhofer bisher. „Wir freuen uns auf die WM. In Oberhof hatten wir bereits im Herbst eine Trainingswoche und konnten auch im Doppel einige Fahrten machen. Ich starte ja in beiden Disziplinen, im Einzel und im Doppel, wo ich mir größere Chancen auf eine WM-Medaille ausrechne“, so Andrea Vötter und ihr Trainer ergänzt: „Wir zeigen momentan eine aufsteigende Form, das ist sehr positiv. Wir sind mit unseren Doppeln ganz gut unterwegs, bei den Damen und den Herren. Uns fehlt nur noch der letzte Schliff. Wir müssen uns kurzfristig gut an das Wetter und die Bedingungen anpassen. Die Bahn in Oberhof steht gut und wir werden sicher faire Bedingungen haben. Dann sollten wir zur WM spannende Rennen mit vielen Zuschauern und guter Stimmung sehen“, sagte der Technische Direktor der Italienischen Rodel-Nationalmannschaft Armin Zöggeler.

Übersicht Statistiken des internationalen Rennrodelverbandes FIL (fil-luge.org)