Milano-Cortina-Musik in Downeys Ohren

Warum Kanadas junger Rodler Theo Downey mehr als nur schnelle Linien findet

Theo Downey, Luge Canada

Lake Placid (FIL/26.12.2025) Wenn im internationalen Rodel-Zirkus die Kameras ausgehen, wird es still. Normalerweise. Viele Athletinnen und Athleten halten ihre Auszeiten aus dem Rampenlicht. Die Öffentlichkeit sieht meist nur Starts, Zwischen- und Zielzeiten. Zwischen den anstrengenden Weltcup-Reisen, den ständigen Materialtests und dem anstrengenden Krafttraining bleibt wenig Raum für persönliche Leidenschaften.

Bei Theo Downey ist das anders.
Der 20-jährige Kanadier teilt sein Leben außerhalb des Eiskanals gerne mit der Welt: seine Musik. Auf Instagram taucht er immer wieder mit verschiedenen Instrumenten auf. Das neue Aushängeschild im Herren-Einsitzer zeigt damit eine Seite, die im Rennalltag sonst verborgen bleibt. Während andere Gewichte stemmen, wirbelt Theo über die Klaviertasten.

Der Musiker im Eiskanal

Caitlin Nash and Theo Downey

Auf dem Klavier fühlt sich Downey genauso zuhause wie auf dem Schlitten. Einer seiner Posts zeigt ihn beim Experimentieren mit Synth-Sounds – ein spielerischer Kontrast zum Hochleistungsalltag auf Eis. „Musik macht einfach Spaß“, sagt er. „Ich höre viel Musik auf der Bahn oder wenn ich nichts zu tun habe. Ich habe immer einen AirPod im Ohr – Musik im Hintergrund hilft mir wirklich, mich zu fokussieren.“

Aktuell übt er Songs, die so vielseitig sind wie sein Fahrstil: „Dream a Little Dream of Me“, „Love Like You“ aus Steven Universe, das ikonische „Great Fairy Fountain“ aus Zelda, „Rosalina’s Observatory“ aus Super Mario Galaxy – und Stücke von Mac DeMarco oder Jazz-Pianist Matt Christensen.

Das Klavier ist sein Hauptinstrument, doch der junge Rodler ist unheimlich vielfältig. Downey spielt seit seiner Schulbandzeit außerdem Posaune, Okarina, „dieses seltsame, längliche Blasinstrument aus Ton“, Ukulele und hatte zumindest kurz die Gitarre seines Vaters und die Geige seines Großvaters in der Hand.

Seine Spotify-Playlists sind legendär in seinem Umfeld.
„Ich teile nicht nach Genres. Ich habe einfach eine große Playlist – 800 Songs, 46 Stunden –, die ich auf Shuffle stelle.“ Seine Hauptplaylist heißt „Dumpster Fire“. Downey erzählt:  „Ich habe auch eine zweite Playlist für „lustige Songs, die ich zwar mag, aber nicht in meiner normalen Playlist haben will“. Dazu kommt eine, die er nur für seine Freundin angelegt hat.

Theo Downey, Luge Canada

Youngster im Eiskanal

Obwohl er erst 20 ist, sitzt Downey seit mehr als elf Jahren auf dem Schlitten. Als Neunjähriger entdeckte er bei einem Freestyle-Skitag ein Schild: „Try Luge“. Er probierte es – und fand seinen Sport.

Mit dem Umzug seines Teamkollegen Dylan Morse nach Großbritannien rückt Downey nun an die Spitze des kanadischen Herren-Einsitzers. Der Zeitpunkt könnte besser nicht sein: Er ist in seiner ersten kompletten Seniorsaison und hat in diesem Sommer massiv versucht, sein Körpergewicht zu steigern. „Ich habe so viel gegessen wie noch nie. Mein Stoffwechsel ist wie der eines tollwütigen Wolfes“, sagt er lachend. Zwölf Kilogramm nahm er zu – von 83 auf 95. „Ein entscheidendes Jahr für mein Wachstum.“

Sein Blick auf die Pista Olimpica Eugenio Monti

Cortina d’Ampezzo ist für den gesamten Rodel-Tross gerade Dreh- und Angelpunkt: Das Olympic Test Event ist mit Platz 19 gut für Downey gelaufen. Der Kanadier hat die ersten Eindrücke für die Spiele von Milano-Cortina gesammelt. Für Downey fühlt sich die neue Bahn wie ein Rätsel an – ein Rätsel, das er lösen will. „Die Bahn ist sehr flüssig, aber es gibt Stellen, die man genau treffen muss. Hinter Labyrinth 3 ist es sehr flach. Ein Großteil des Rennens entscheidet sich in den ersten Kurven bis Kurve 6.“

Danach ginge es nur noch darum, das Ergebnis zu halten. Seine Analyse: „Cortina ist weder eine reine Gleiterbahn noch reine Fahrbahn. Für mich ist es eine interessante Mischung aus beidem.“

Dieses feine technische Verständnis zeigt, wie reflektiert er fährt. Downey erklärt Strecken nicht, er seziert sie. Ein Denker auf dem Schlitten.

Theo Downey, Luge Canada

Ein Athlet, den man 2025/26 im Blick behalten sollte

Kanada steckt mitten im Umbruch – viele erfahrene, erfolgreiche Athleten sind weg, eine jüngere Generation an Rodlern wächst nach. Für Downey kein Nachteil: „Wir sind zwar jünger, aber fast alle fahren seit vielen Jahren. Ich glaube fest daran, dass Kanada dieses Jahr für Furore sorgen kann.“

Sein Ziel für die Saison?
Bescheiden formuliert – und doch ein starkes Statement: für jedes Rennen qualifizieren. Bei seiner ersten kompletten Seniorsaison kein geringer Anspruch.

Zudem war es eine bewusste Entscheidung, die Spezialisten in Europa herauszufordern. Der Herbst führte die Kanadier nach Whistler, Oberhof, Igls, Altenberg und Cortina – und der Weltcupstart war in Winterberg, bevor es zurück nach Nordamerika ging.

Nach diversen Podien bei den Junioren, einem Jahr, in dem er wachsen und seine Technik reifen konnte, ist klar: Theo Downey ist einer der spannendsten jungen Namen im Herren-Einsitzer.

Die Musik im Kopf – der Fokus auf der Bahn

Wer Theo beim Spielen am Klavier sieht, versteht schnell, warum er im Wettkampf so präzise agiert.
Musik und Rodeln sind für ihn zwei Seiten derselben Medaille: Rhythmus, Timing, Gefühl, Kontrolle.

Für Cortina und die Olympiasaison bedeutet das: Ein Athlet mit analytischem Auge, musikalischem Ohr – und dem Mut, seinen eigenen Weg zu gehen.